Politik & Gesellschaft

Disneys Problem mit dem „Woke-Washing“

Von Shakira Müller

Ein neues Remake eines Disneyfilmes wird angekündigt und die Aufregung ist groß, jedoch nicht im positiven Sinne, denn an Stelle von Vorfreude findet man im Internet hauptsächlich massive Kritik. Viele Menschen sind nämlich der Meinung, dass in den großen Studios wie Disney, Netflix und co. im Moment so einiges schiefläuft. Immer wieder geht es dabei um den Begriff „Woke- Washing“. Vor allem im Internet hat nahezu jeder eine andere, häufig auch erschreckend emotionale Meinung zu diesem Thema. Dadurch geht konstruktive Kritik sehr schnell in den liebevollen Hate-Kommentaren und Drohungen unter, sodass man mehr und mehr den Überblick verliert und man stellt sich die Frage: Ist Disney wirklich zu ‚‚woke‘‘ geworden?

An den unzähligen Remakes einiger beliebter Klassiker kann man sehen, dass es immer wichtiger wird, die alten Geschichten dem Zeitgeist anzupassen. Es ist nun nicht mehr das hilflose Mädchen, dass von einem Prinzen gerettet werden muss und deren einziges Ziel es ist ihre große Liebe zu finden. Vielmehr geht es nun um die Unabhängigkeit und das Aufzeigen der Stärken der Protagonistinnen, worauf in den Remakes ein großer Fokus gelegt wird. In der Neuverfilmung „Arielle die Meerjungfrau“ wird die Geschichte beispielsweise so umgeschrieben, dass Ariel diejenige ist, die den Prinzen vor der bösen Antagonistin rettet.

Außerdem findet durch die Remakes eine neue Form der Repräsentation statt. Es zeigt nämlich, dass in der heutigen Gesellschaft mehr und mehr Wert auf die Repräsentation von in der Vergangenheit eher unterrepräsentierter Menschen gelegt wird. Daher sind Remakes ein wichtiger Schritt um von stereotypischen und oftmals auch sehr diskriminierenden Darstellungen bestimmter Personengruppen wegzukommen. Sie können also dafür sorgen, dass sich Menschen, die zu unterrepräsentierten Gruppen gehören, gesehen fühlen und sich mit den Charakteren identifizieren können. Dies kann vielen dieser Menschen Mut machen. Auch jungen Menschen, sowie auch Kindern, können dadurch wichtige Werte, wie beispielsweise Akzeptanz und auch das Denken außerhalb von politischen Normen, nähergebracht werden. Daher ist die Normalisierung sowie auch die Repräsentation bestimmter Merkmale und Personengruppen von großer Wichtigkeit für die heutige Gesellschaft. Filme -unabhängig von deren Handlung- sollen ja schließlich auch eine breite Masse von Menschen ansprechen.

Problematisch wird es allerdings dann, wenn die „diversen“ Charaktere zwar für Repräsentation sorgen sollen, jedoch derart schlecht geschrieben sind, dass sie von allen Seiten an Sympathie verlieren. Dies ist vor allem in den Remakes ein großes Problem, da Charaktere oftmals so geschrieben werden, dass sie auf den Zuschauer zu perfekt wirken, da sie selten Fehler machen und alle schweren Herausforderungen sofort und mit Leichtigkeit überwinden können. Diese Charaktere haben dadurch keine Tiefe und auch die Geschichte verliert dadurch ihren Reiz, da der Zuschauer keinen Grund dafür hat, mit den Charakteren mitzufühlen, oder sich überhaupt für ihre Geschichte zu interessieren. Dadurch geht auch das allgemeine Interesse an der Geschichte verloren, denn der Sinn einer guten Geschichte ist es, mit den Charakteren mitzufühlen und zusehen, wie sich diese im Laufe der Zeit weiterentwickeln und verbessern, sodass sie dann die Konflikte lösen und die Herausforderungen bestehen können. Wenn sie bereits von Anfang an alle Fähigkeiten besitzen und in ausnahmslos allem perfekt sind, können sie langweilig oder sogar unsympathisch und schlecht geschrieben wirken.

Das Problem liegt zudem nicht an der Repräsentation selbst, die, wie zuvor bereits erwähnt, wichtig und richtig ist, sondern vielmehr an der Art und Weise wie diese stattfindet. Oftmals werden nämlich ikonische, beliebte Charaktere durch neue „diverse“ Charaktere ersetzt und es wird ein enormer Fokus auf Faktoren wie Geschlecht, Ethnizität, sexuelle Orientierung und Hautfarbe gelegt, obwohl diese keine wirkliche Rolle für die eigentliche Handlung spielen. Zum einen wird außerdem zwar darauf bestanden, dass gewisse Ethnizitäten von denselben Ethnizitäten gespielt werden, auf der anderen Seite werden jedoch Charaktere, die nicht „divers“ sind, einfach so mit ‚‚diversen‘‘ ersetzt. So werden gewissen Menschengruppen teilweise geliebte Charaktere weggenommen, die diese repräsentieren, weil man versucht neue Repräsentation zu schaffen. Dies bringt im Endeffekt niemandem wirklich etwas und man spielt dadurch im schlimmsten Fall nur Menschengruppen gegeneinander aus. Ein gutes Beispiel dafür ist das zuvor bereits erwähnte Ariel Remake, das durch die Neubesetzung der Protagonistin vor allem im Internet viel Kritik erntete.

Letztendlich kann man also sagen, dass die ‚,Wokeness‘‘ im Allgemeinen nicht das Problem ist. Das Problem liegt viel mehr an der Umsetzung. In einer idealen Gesellschaft spielten Faktoren wie Geschlecht, Ethnizität, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung keine Rolle und die Besetzung von Rollen entschieden allein Faktoren wie Schauspieltalent und Sympathie. Da eine solche Gesellschaft jedoch noch meilenweit entfernt ist, ist es von enormer Bedeutung, Repräsentation zu schaffen und gewisse Dinge zu normalisieren, da auch diese zur Realität gehören. An der Besetzung von Rollen mit Personen, die sonst eher unterrepräsentiert sind spricht also nichts dagegen. Wichtig ist nur, dass man darauf achtet, wie diese Repräsentation stattfindet: Die Produktion von Remakes mit neuen ,,diversen‘‘ Charakteren ist schlicht und einfach ein zu simpler und zudem auch relativ fauler Versuch, dieses komplexe Problem zu lösen. Viel effektiver ist es, diesen Charakteren neue Geschichten und Persönlichkeiten zu geben. Dies kommt nicht nur bei den Fans besser an, sondern sorgt auch für die Entstehung neuer, interessanter Geschichten und Charaktere, die zudem auch unterrepräsentierte Personengruppen repräsentieren. Sehr erfolgreiche Beispiele dafür sind unter anderem ,,Mulan‘‘, ,,Black Panther‘‘, ,,Encanto‘‘ oder ,,Across the Spider Verse‘‘.

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